Wer von euch hat schon einmal meditiert?
Als ich vor über 25 Jahren die Meditation kennengelernt habe, war das etwas sehr Spezielles. Man musste eine bestimmte Sitzhaltung einnehmen, bestimmte Fingerstellungen halten, und man durfte nicht denken, geschweige denn dufte man sich bewegen oder kratzen, wenn es juckte oder ziepte.
Du hörst schon, wie viele „muss“ und „darf nicht“ in diesen Sätzen enthalten sind.
Jemand der meditierte, war schon etwas Besonderes, irgendwie hatte diese Person einen erleuchteteren Status. Man identifizierte sich mit Bildern von buddhistischen Mönchen, die in Sphären eintauchten, die jenseits des irdischen waren.
Hollywoodschauspieler meditierten, Gurus stiegen aus dem Nichts auf, alles in allem sehr exotisch. Es war ein Hype, mit denen viele aus der älteren westliche Generation nichts anfangen konnten. Die jüngeren Menschen spürten damals eine Faszination von Aufbruch und eine Sehnsucht nach Ganzheit und dem Sinn des Lebens.
Traditionelle östliche Heil – und Lebensweisheiten erreichten langsam unsere rationelle Welt. Es standen damals noch buchstäblich Welten zwischen diesen Lebensanschauungen und Philosophien.
Immer mehr Menschen sind in den vergangenen Jahren, mit dem Thema Meditation in Kontakt gekommen.
Dadurch hat sich die Art des Meditierens auch verändert. Es ist in meinen Augen sehr viel entkrampfter und einfacher geworden.
Was sich nicht verändert hat, ist der positive Aspekt und Nutzen, den die Meditation mit sich bringt. Seit einigen Jahren interessiert sich sogar die Wissenschaft, wie sich Meditation auf unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit und sogar auf unser Gehirn auswirkt.
Im Mind & Life Institute in Massachusetts gibt es eine Fachdisziplin, die „kontemplative Neurowissenschaft“. Der Dalai Lama regte an, die Hirnaktivität von meditationserfahrenen Mönchen, mit der ganz „normaler“ Menschen, die meditieren, zu vergleichen.
Innerhalb weniger Wochen veränderte regelmäßiges meditieren, auch bei ihnen sogar Strukturen im Gehirn.
2013 bei einer internationalen Konferenz in Berlin, an der Wissenschaftler aus vielen Ländern teilnahmen, wurden diese Erkenntnisse übereistimmend festgestellt. Durch Verfahren wie das MRT wurden bahnbrechende Ergebnisse präsentiert.
Als sehr wirksam haben sich vor allem Übungen der Achtsamkeitsmeditation erwiesen. Die Versuchspersonen richten dabei ihre volle Aufmerksamkeit auf spontan auftretende Empfindungen und lernen, diesen Gefühlen wohlwollend zu begegnen. Anfangs wandert die Wahrnehmung immer wieder ab in Erinnerungen und Grübeleien. Doch schließlich verändert sich etwas: Der Meditierende erfährt sich selbst und seine Umwelt auf neue Weise. Das Körperempfinden wird sensibler, Emotionen lassen sich souveräner kontrollieren.
Solche Phänomene werden an Universitäten in der ganzen Welt untersucht. Studien zufolge kann Achtsamkeitsmeditation bei der Behandlung von Angstsymptomen, chronischem Stress und Schmerzen helfen.
Modernes zeitgemäßes Meditieren, heißt nicht, dass die traditionelle Meditation nicht mehr aktuell oder überholt ist.
Es zeigt vielmehr, dass sie sich unserem westlichen Alltag und Lebensrhythmus angenähert hat.
Denn was ist hilfreicher: Krampfig in einer unbequemen Haltung auf dem Boden zu sitzen, und nach kurzer Zeit mit dem Mediatieren ganz aufzuhören, weil man es nicht schafft, oder jeden Tag unkompliziertes Meditieren, das sich überall in unseren Zeitplan integrieren lässt.
Es gibt das Sprichwort“ Wenn du es eilig hast, dann laufe langsam.“
Das beschreibt das zentrale Thema der Meditation für mich sehr genau. Achtsamkeit. Nicht als abgehobenes, heiligklingendes Wort, sondern tatsächlich als eine ganz praktische Lebenseinstellung.
Wenn ich anfange, immer mehr in meinem Umfeld, meinem Alltag und nicht zuletzt an mir selbst achtsam wahrnehme, umso aufmerksamer werde ich.
Verzögerungen und Wartezeiten, die jeder kennt, können ganz anders wahrgenommen und genutzt werden. Ich baue die Meditation ganz einfach in meinen Sport ein. Währen der 1 minütigen Pause im Sportstudio zwischen den Übungen, mache ich die Augen zu und entspanne mich.
Genauso mache ich es, dann mit offenen Augen, wenn ich Wartezeiten habe beim Frisör, beim Arzt, in der Autowerkstatt oder sonstwo.
Das sind meine Minuten-Meditationen, von denen ich in meinem Newsletter regelmäßig berichte.
Was mache ich aber, wenn mich meine Gedanken so ablenken, und die Stimmen in meinem Kopf einfach immer weiterreden?
Auch da ist Achtsamkeit gefragt, gegenüber sich selbst und vor allem Verständnis für diese Stimmen, die da reden. Woher sollen sie wissen, dass sie jetzt gerade nicht dran sind?
Indem wir es ihnen sagen. Wenn dir bei der Meditation andauernd dein Tagesplan, Einkaufszettel oder ähnliches durch den Kopf geht, weil dein Gehirn es für wichtig hält, dich daran zu erinnern, dann beruhige es doch einfach damit: Hallo Gehirn, danke, dass du mich daran erinnern möchtest. Ich meditiere gerade. Also bitte merke dir, was du mir sagen möchtest, und in einer ¼ Stunde… höre ich dir wieder zu. Manchmal bei hartnäckigen Gedanken, kann man sich auch eine Kommode mit Schubladen vorstellen. Sage dem Gedanken: „Ich möchte jetzt meditieren und mich entspannen.“ Gebe diesen Gedanken in die Schublade und schließe sie. „Wenn ich fertig bin und es passt, hole ich dich wieder heraus.“
In meinen Seminaren Meditation für Einsteiger und den Montags-Meditationen stelle ich verschiedene Arten von sehr wirkungsvollen Meditationen vor.
Viel Freude beim Meditieren.
Herzlichst
Daniela Geipel